Im Gespräch mit effmagazin.de erklärt Dr. Harsha Gramminger, wie sie auf die Idee zum Buch „Das Geheimnis der neuen Führungskräfte“ gekommen ist. Gramminger spricht über Führungsmethoden und erklärt das Triple-L-Leadership-Konzept. Wasmacht ein modernes Unternehmen aus und wie sollten Teams zusammengesetzt sein, damit ein langfristiger Erfolg wahrscheinlich ist?
Frau Gramminger, wie kamen Sie auf die Idee, dieses Buch zu schreiben?
Es hat alles während Corona in einem Lockdown angefangen. Von jetzt auf gleich war die gesamte Wirtschaft wie angehalten. Dort wo kurz zu vor noch Aufbruchsstimmung herrschte, musste plötzlich auf kleiner Flamme geköchelt werden. Viele Unternehmer und Unternehmungen mussten andere Maßnahmen ergreifen, um zu überleben.
Was sollten Unternehmen nun tun, um wieder dort hinzukommen, wo sie vor der Pandemie standen?
Während der Pandemie sind viele Unternehmer sehr kreativ geworden, um ein Auskommen zu haben. Alle konnten die Situation ja nicht ändern. Sie haben dann Wege gesucht, um trotzdem noch ein Geschäft zu betreiben.
Trotzdem hat das System Innovation zunächst stark gelitten. Deutlich wurde allerdings dank der Pandemie auch, dass Unternehmer und Unternehmen sich sehr agil präsentiert haben. Diesen Spirit sollte man nun auch nach dem Ende der Einschränkungen nutzen, um auch künftig ein gutes Auskommen zu sichern.
Wie lange haben Sie für das Schreiben benötigt?
Insgesamt wird es knapp ein Dreivierteljahr gewesen. Das Buch ist nicht an einem Stück entstanden. Begonnen habe ich in Südfrankreich. Das war sehr inspirierend. Das war unweit von den Geissens. Deshalb tauchen sie auch immer wieder im Buch auf. Es ist zu einem Running Gag geworden.
Anschließend habe ich auf Mallorca weitergeschrieben. Da ging es ganz schnell. Ich fühlte mich sehr frei, war weit weg von dem hergebrachten.

Stichwort Agile Teams: Wie muss man in der heutigen Arbeitswelt ein Team führen, wenn nicht alle vor Ort aber an den gleichen Zielen arbeiten?
Wichtig ist, sich selbst zu erkennen. Wer bin ich eigentlich? Bin ich der Typ Macher, eher der Kreative oder der Bewahrer? Erst wenn ich mir bewusst bin, wer bin ich, kann ich die anderen Mitglieder des Teams erkennen. Gerade deshalb ist es wichtig, sich am Anfang mehr Zeit zu geben, um die Erkenntnis zu entwickeln, wer welche Rolle in einem Team Inne hat. Dann spielt es auch keine Rolle mehr, wo ich sitze oder ob ich mit wechselnden Teams konfrontiert werde.
Worauf sollte man achten, wenn man ein Team zusammenstellt?
Wenn Menschen neu zusammenkommen, müssen sie zunächst ihren Platz in der Gruppe finden. Resonanz geben, wie bringe ich mich ein, hilfreich sein. Heutzutage haben wir es mit sich ständig ändernden Situationen zu tun, diese benötigen mehr Flexibilität.
Ein Leadership Test kann hier aufschlussreiche Informationen liefern. Welcher Führungsstil gut tut, ist natürlich auch von den Voraussetzungen und den Zielen abhängig. Wichtig ist zu wissen, wie ist meine Art zu führen und auf welche Besonderheiten der Teammitglieder muss ich Rücksicht nehmen. Wenn ich zum Beispiel einen Abschluss machen möchte, kann das bei einem hitzigen Teammitglied leicht schiefgehen, wenn alles ganz schnell gehen muss. Und Erfolgserlebnisse sind bei allen Teams und deren Mitgliedern das Salz in der Suppe. Wenn ich als Führungskraft um unseren Heißsporn weiß, dann lasse ich ihn zuerst etwas essen. Nach dem Essen wird er ruhiger, seine Ungeduld verschwindet und er wird empfänglicher. Es sind die kleinen Dinge die uns dabei unterstützen, den großen Erfolg zu haben.
Spielt Kontrolle heute eine größere Rolle?
Controlling ist wichtig. Kontrolle weniger. Natürlich sollten wiederholbare Fehler nicht gemacht werden. Darauf muss natürlich geachtet werden. Zu viel Kontrolle erdrückt die Kreativität und Kreativität ist genau das, was gerade gefragt ist. Innovationen entstehen aus Entwicklung, daraus Ideen anzugehen und aus dem Reiz, möglichst was Neues einbringen zu wollen.
Welche Kompetenzen und Eigenschaften sollten Führungskräfte mitbringen, um erfolgreiche Organisationen zu gestalten?
Sich selbst erkennen und offen sein. Positiv den Anderen anerkennen, die eigene Triebfeder nutzen, um die Teammitglieder mitzureißen. Ganz wichtig ist, dass alle zu Wort kommen, diese Eigenschaft sollte ein Leader haben und natürlich sollte er flexibel sein. Das eine strahlt in das andere hinein.
Wer offen authentisch ist, strotzt vor Lebenskraft und strahlt das aus. Sein Charisma ist dann wie ein Leuchtturm, dem folgen andere gerne.
Wenn wir uns moderne Macher wie Steve Jobs oder Elon Musk anschauen, was zeichnet deren Weg aus?
Sie hatten eine tolle Idee. Macher sind besessen von ihrer Idee. Sie sind so innovativ und wollen etwas auf die Straße bringen. Sie fragen nicht, wie soll das gehen. Sie entwickeln Ideen, wie es geht.
Und wenn es nicht funktioniert?
Sie sind fanatisch darin, ihre Ideen umzusetzen. Sie wissen, dass es funktioniert. Schauen sie sich Musk und Tesla an. Er wusste, dass er das Auto der Zukunft baut, obwohl es im Land der Autobauer zu dieser Zeit noch unisono hieß, dass sei technisch nicht möglich. Normalerweise vereinen sich all diese Talente und Eigenschaften nicht in einer Person. Deshalb setzten Unternehmen auf Teams, auf Kollaborationen aus Machern, Kreativen und Erhaltern. Und ohne diese crazyness, die in solchen Teams entsteht, haben wir keine Erfindungen mehr. Es braucht die Macher, die Kreativen und die Erhalter, um erfolgreich zu sein.
Woran kann man die einzelnen Typen eigentlich erkennen?
Der Erhalter ist meist etwas stämmiger, er steht eher später auf und ist derjenige, der nach Zahlen Daten und Fakten Ausschau hält und diese im Kopf herumträgt. In einem Meeting würde er Sätze sagen wie: „Da hatten wir dieses Problem, deshalb würde ich es raus lassen.“
Ein Macher steckt die Ziele ab. Er benötigt die Eckdaten und rennt los. Er sorgt für die Stimmung im Team und ist ein echter Powertyp.
Der Kreative sucht nach Innovationen, er liebt es, sich auf Neues einzulassen und ist gespannt auf die Wirkung, die daraus freigesetzt wird. Und dann gibt es noch den Mischtypen: bei ihm finden sich aus jedem Bereich einige Eigenschaften. Manche sind dabei ausgeprägter als andere.
Welche Rolle spielt dabei die Ernährung?
Ernährung ist sehr wichtig. Jeder der drei Typen benötigt eine andere Ernährung,
Eine Ernährung nach System ist dabei sinnvoll. Der Kreative zum Beispiel ist ein Freund von Suppen oder er isst gerne Soßen. Da kann es dann auch etwas deftiger zugehen. Ganz anders der Erhalter. Hier sollte es eher leichte Kost sein. Frische Salate und Gemüse. Der Erhalter sollte aufgrund seiner Konstitution eher sparsam und eher trocken essen.
Ernährung ist für unsere Psyche besonders wichtig und unsere Mentale Veranlagung steuert leider häufig auch das, was wir essen. Neben dem essen ist Sport eine weitere wichtige Komponente. Erwiesen ist, dass sich aus gesunder Ernährung und Sport weniger Krankmeldungen resultieren und die Menschen leidenschaftlicher werden.
Wie halte ich mich und mein Team fit?
Im Arbeitsleben wie auch in allen anderen Lebensbereichen gibt es verschiedene Phasen. Manche sind Intensiv, wieder andere gestalten sich schwierig und es gibt die Phasen, in denen alles ganz leicht läuft. Nach intensiven Projektwochen sollte der Chef auch mal freigegen. Auch ohne Urlaub dafür zu verbrauchen. Letztendlich muss sich jeder klar darüber sein, dass man in einem Unternehmen auch zusammen lebt. Je offener und toleranter das Zusammenleben ist, umso besser werden die Ergebnisse.
In ihrem Buch beschreiben sie, wie sie als junge Studentin in einer WG lebten und man ihnen dort regelmäßig sagte, dass sie nicht offen seien. Wie wichtig es, offen zu sein und Emotionen zu zeigen?
Ich hatte bewusst einen Schutzpanzer, wie jeder einen hat. Ich war total emotionslos und dachte, die ganze Welt hat einen Knall, überall wird man mit den Emotionen seines Gegenübers konfrontiert.
Irgendwann hatten Sie dann einen Schlüsselmoment, wie stehen sie heute zu Emotionen?
Man sollte Emotionen zulassen und ein gesundes Vertrauen zu sich selbst haben. Dieses Lebensvertrauen hat mich an die richtigen Stellen geführt. Sich auf Emotionen einzulassen, war damals für mich etwas total Neues und Ungewohntes. Heute kann man sich das eher nicht mehr so vorstellen. Wichtig ist dabei, dass man sich auf Fremdes einlässt. Mit offenen Augen und Ohren durch das Leben geht und mutig einen Schritt vor den anderen setzt.
Wie wichtig ist die Bereitschaft zu scheitern?
Scheitern gehört zum Erfolg dazu. Deshalb ist die Bereitschaft zum Scheitern eine ganz wichtige Voraussetzung. Ich sollte nur flexibel bleiben, wenn ich starr verweile, ist Scheitern vorprogrammiert. Wer auf der sicheren Straße fährt, findet keine Innovation.
Wie funktioniert Vital Leadership?
Vital Leadership ist die Lust und die Leidenschaft, es ist Neugierde, es ist eine Lebensart, vom Leben eingenommen zu sein und vor Leben zu vibrieren. Durchpusten und weitermachen, neugierig sein und bereit sein, mehr lernen zu wollen.
Wie kann man den Double-Arrow-Effect sinnvoll und effizient trainieren?
Ganz wichtig ist, gleichzeitig einen Blick nach außen und nach innen zu richten. Manche versuchen dich aus der Reserve zu locken, sie bringen dich in Wallung oder wollen einen traurig machen. Ich sage dann nicht, was hast du gemacht. Ich schaue mir an wie ist die Resonanz, wie reagiert mein Gegenüber oder wie reagiert das Team darauf. Das hilft besonders in Meetings.
Angenommen, mich hat jemand angegriffen und wollte mich verbal verletzen. Ich reagiere nicht auf das, was mir gesagt wurde. Sondern frage mich, was stört mich im inneren daran. Schließlich interpretiere ich das Gesagte auf die eine oder andere Art. Das ist Üben für Fortgeschrittene. Man sollte immer lernbereit bleiben und sich nur auf die enge einer bestimmten Situation einlassen. Man muss zu dieser großen Offenheit zurückkehren um wirklich gute Entscheidungen treffen zu können.
Wir müssen wieder spielerischer werden und uns die Beweglichkeit zurückholen, die Lust darauf weckt, neues auszuprobieren und uns auf fremde Dinge einzulassen.