Arbeiten für ein Unternehmen ist für Sabine Diße Charaktersache. Ganz bewusst hat sich die 47-Jährige für die Traditionsfirma Gerolsteiner entschieden. „Als Geschäftsführerin muss ich die Werte vertreten können“, sagt sie selbstbewusst. „Das kann ich, denn es ist ein besonderes Unternehmen mit Stern, das seine Werte auch lebt.“

Ein besonderes Unternehmen
An Selbstbewusstsein mangelt es Sabine Diße nicht, so mein erster Eindruck. „Ich würde es eher Durchsetzungsvermögen nennen“, charakterisiert sich die 47-Jährige selbst, die seit Januar 2023 als Geschäftsführerin die kaufmännischen Geschicke der Traditionsfirma Gerolsteiner übernommen hat. „Ein besonderes Unternehmen mit Stern“, betont Diße und nimmt damit gleich vorweg, was ihr besonders wichtig ist: Arbeiten in einem traditionsgeführten Unternehmen mit gelebten Werten wie regionaler Verbundenheit, hohem Qualitätsanspruch und verantwortungsvollem Umgang mit Mensch und Umwelt. Werte, die sie selbst verinnerlicht hat und deshalb überzeugend nach außen vertreten kann. Gemeinsam mit ihren Kollegen Roel Annega und Ulrich Rust soll sie nun die führende Rolle im hart umkämpften Mineralwasser- und Erfrischungsgetränkemarkt weiter ausbauen. Bei der Steilvorlage, die ihr Vorgänger Joachim Schwarz für das vergangene Jahr verkünden konnte, keine leichte Aufgabe. Denn 2022 hatte das Unternehmen aus der Vulkaneifel 317,5 Millionen Euro umgesetzt, was im Vergleich zum Vorjahr eine Steigerung um gut 11 Prozent bedeutet.



VERANTWORTUNG
In ihre Verantwortungsbereiche fallen Human Resources, Controlling & Finanzen, Informationstechnologie, Digitalisierung sowie Einkauf. Oder anders ausgedrückt: Alles Rädchen, an denen man im Sinne ökonomischen Handelns drehen kann – sowohl vorwärts als auch zurück.Die gelebte Willkommenskultur, mit der die gebürtige Sauerländerin von allen Seiten herzlich aufgenommen worden ist, schätzt Sabine Diße sehr. Für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ist sie zunächst einmal die „starke Frau“, die über die Ökonomisierung von Strukturen eintscheidet. Dass diese hoffen, dass es gerade in ihren Bereichen keine gravierenden Einschnitte geben möge, dessen ist sich die Geschäftsführerin durchaus bewusst, aber sie will sich nicht als „Schreibtischtäterin“ verstanden wissen. „Vor jeder Entscheidung steht das Kennenlernen“, ist die zweite Maxime, die sie sich selbst auferlegt hat. „Ich mache mir erst einmal ein Bild von den Abläufen und den Menschen, die diese Bereiche bedienen, und entscheide dann über alles Weitere.“









Fotos: Gerolsteiner
TRADITION
Ihre Kommunikations-, Organisations- und Sozialkompetenz hat sie sich nicht nur in ihrer mehr als 20-jährigen Berufserfahrung erworben, sondern wurde ihr nach eigenem Bekunden in die Wiege gelegt. Denn die Sauerländerin wurde genau dort groß, wohin es sie beruflich immer wieder hinzieht: in einem Traditionsbetrieb mit familiären Strukturen. „Zwar klein, aber von den Strukturen her ähnlich“, bringt sie es auf den Punkt und betont: „Ich habe das, was meine Eltern gemacht haben, geliebt.“ So sehr, dass sie sich gemeinsam mit ihrer älteren Schwester schon sehr früh in die Betriebsabläufe einbringt und vor allem freiwillig das lernt, was sie später intuitiv als Handwerkszeug in andere Betriebe einbringen kann: die Fähigkeit, auf den Punkt genau zu analysieren, im Team kommunikativ Lösungen zu erarbeiten und notwendige Entscheidungen durchzusetzen. Ihr Ziel: „Der Kompromiss als Mittel der Lösung“, sagt sie, weil nur dadurch eine kooperative Zusammenarbeit gesichert bleibe.„Als Kinder haben wir gelernt, wie unternehmerisches Handeln funktioniert“, sagt sie rückblickend. „Ein Unternehmer prägt die Familie, man wird früh gefordert und muss sich seinen eigenen Platz schaffen.“ Doch im elterlichen Betrieb sieht sie ihre Zukunft nicht. „Ich war die Zweitgeborene und der Betrieb war mir zu klein“, räumt sie ein. Erstmal raus, heißt nach dem Abi die Devise, Betriebswirtschaft studieren, sich weiterbilden. Sabines Wissenshunger ist groß. Erst kürzlich hat sie ihren nebenberuflichen Master an der Fresenius Hochschule in Idstein erfolgreich abgeschlossen. „Ich nutze meine Freizeit gerne für Weiterbildungen“, sagt sie und gibt damit das nächste Stichwort.






Fotos: Gerolsteiner (1)/ Edith Billigmann (2)
FREIHEIT
Reisen, Menschen und ihre Kulturen kennenlernen – das war eine der großen Triebfedern für die junge Universitätsabsolventin, die 2001 mit dem Abschluss „Diplom-Kauffrau“ das Studium an der Friedrich-Alexander-Universität in Nürnberg beendet und ihre ersten Berufsjahre bei der international agierenden Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst & Young AG antritt. Doch nach vier Jahren will sie mehr, will den unternehmerischem Freiraum, der es ihr ermöglicht, Dinge selbst zu gestalten.Warsteiner International bietet ihr zunächst als Group Controllerin und dann als Finance Director die Bühne, die sie zu ihrer Verwirklichung braucht. „Das Umfeld spielte für mich immer eine große Rolle“, sagt sie rückblickend. „Ich hatte Zugang zu einer inhabergeführten Firma, die mich sehr gefördert hat.“ 80 Prozent ihrer Berufszeit verbringt sie im Ausland, bereist Nordamerika, Südeuropa, den Südpazifik, aber auch, wie sie es nennt, „Kontinente mit schwierigen Ländern“ wie Nigeria und Kamerun. Hier sammelt sie wertvolle Erfahrungen im Umgang mit anderen Kulturen, lernt Diversität und dass „deine Landkarte nicht meine Landkarte ist“. „Ich bin ein kommunikativer Mensch und suche den Austausch auf allen Ebenen“, erzählt sie. So habe sie einmal den Mitarbeitern durch ihre Anwesenheit in der Kantine einer Kameruner Brauerei Respekt zollen wollen, wurde aber als Störenfried empfunden. Fazit: „Mein Tisch blieb leer.“Die Lehre, die sie daraus gezogen hat: „Was ich versuche zu vermitteln, ist nicht immer das, was der andere versteht.“ Und eine weitere Lehre sollte noch dazu kommen . . .
REIßLEINE
Wer ständig auf Reisen ist, ist selten zu Hause. Für eine Partnerschaft wird es häufig ganz besonders schwierig, wenn die Akzeptanz in unterschiedliche Richtungen läuft. Für Sabine Diße bedeutet es das Aus ihrer Ehe.Aber der Drang, fremde Länder in diesem Ausmaß zu bereisen, lässt mit den Jahren deutlich nach, während die Sehnsucht nach der familiären Verankerung im Sauerland stetig zunimmt. Also sucht sie sich ein neues Betätigungsfeld und findet es bei der Intersnack Group, zunächst als Projektmanagerin, später als Finanzvorstand für ganz Deutschland. „Es war natürlich wieder ein Unternehmen mit familiärer Gründungsgeschichte“, lacht Sabine Diße – ihr „roter Faden“, an dem sie sich orientiert, weil sie dadurch genau weiß, für wen sie Werte schafft.



„Die kaufmännische Funktion ist der coolste Job der Welt. Man ist gefordert, Probleme zu lösen, die andere nicht lösen können“, sagt die Managerin, obwohl sie dabei Krisen nie geahnten Ausmaßes erlebt hat. Aber nach Corona und durchstandenen Cyberattacken ist sie sich sicher: „Mich wirft so schnell nichts mehr aus der Bahn.“
WECHSEL
Ihr Wechsel zu Gerolsteiner ist auch ein Statement zur Heimat. „Es ist ein Traditionsunternehmen, das Nachhaltigkeit vorgibt und auch selbst vorlebt. Und das nicht erst, seitdem es politisch eingefordert wird“, so Diße. „Diese Werte vertrete ich gerne. Außerdem liebe ich die Natur und da sind die Vulkaneifel und das Sauerland durchaus vergleichbar.“

































Fotos: Gerolsteiner / Edith Billigmann