In Deutschland führend, im Raum Saar-Lor-Lux die Nummer 1: Birgit Steil leitet seit 1989 das Trierer Familienunternehmen »Steil Kranarbeiten«. Angefangen hat alles in den „Goldenen Zwanzigern“ mit Dampfkesseln. Es folgten bewegende und schicksalsreiche Jahre. Das Unternehmen und deren Entscheider mussten auf neue Situationen passende Antworten finden und die Geschicke des Familienunternehmens an die neuen Zeiten anpassen.

Birgit Steil wollte eigentlich Maschinenbau studieren. Am Ende wurde es Jura. Eine Entscheidung, die die heutige Geschäftsführerin von »Steil Kranarbeiten« nie bereut hat. Als sie 1989 ihr zweites Staatsexamen an der Trierer Universität abschließt, erhält sie ein Angebot, das sie nicht ablehnen kann. Aus Altersgründen planen ihr Vater und seine Brüder als Anteilseigner den Verkauf des familiengeführten Betriebs. Aber mit dem Gedanken, dass es in fremde Hände kommen soll, wollen sie sich nicht so recht anfreunden. Ihr Onkel ist es schließlich, der auf sie zukommt und fragt: »Willst Du das Unternehmen kaufen?« Birgit überlegt, sagt »Ja« und erarbeitet ein Konzept, das überzeugt. Mit einigen Millionen D-Mark ist sie mit 29 Jahren hochverschuldete Unternehmerin. »Ich kannte das Potenzial des Unternehmens und hatte großes Vertrauen in die Fähigkeiten der Mitarbeiter«, begründet Birgit Steil das damalige Kaufwagnis, das, so die mittlerweile 62-Jährige, beim jetzigen Jahresumsatz von circa 40 Millionen Euro für ihre Söhne nicht mehr möglich wäre. Für deren Nachfolge arbeitet die Unternehmerin bereits an einem Konzept.
Eine bewegte Geschichte
Doch zurück zu den Anfängen. Michael Steil ist der Mann, auf den die Geburtsstunde der Firma im Jahr 1924 zurückgeht. Sein Spezialgebiet: Bau und Reparatur von Dampfkesseln. Zwei Jahre nach Ende des Zweiten Weltkrieges übergibt er das Unternehmen an seine fünf Söhne, unter denen Birgits Vater Heinrich Steil durch seine ungewöhnlichen Ideen und seinen Erfindergeist besonders hervorsticht. Weil der Fahrzeugbau nur wenig Gewinn abwirft, verabschieden sich die neuen Firmeninhaber von diesem Geschäftszweig und konzentrieren sich auf den Bereich des Abschleppdienstes. Den Grundstock dafür bildet ein alter amerikanischer Lkw, an den Heinrich eine Seilwinde montiert, um damit liegengebliebene Militärfahrzeuge der Franzosen und Amerikaner abzuschleppen. Schon 1960 erfolgt der Firmenumzug in die eigene Immobilie in der Loebstraße. Es folgen Niederlassungen in Wittlich und Luxemburg.

Als Birgit Steil 1989 das Unternehmen übernimmt, zählen zum Bestand neun Krane, drei Lkw und 20 Beschäftigte. Mit Karl Trippel als neuem Mitarbeiter in der technischen Leitung und späterem Lebensgefährten erhält sie die Unterstützung, die sie braucht, um das Unternehmen neu auszurichten. 1997 verschafft sie sich neben dem regionalen Geschäft mit der Errichtung von Windenergieanlagen in Deutschland und dem benachbarten Ausland ein zweites Standbein.
1998 erfolgt der Umzug in die eigene Immobilie im Trierer Hafen. Heute zählt das Unternehmen mit 110 Kranen, 300 Beschäftigten und fünf Stützpunkten zu den zehn größten Krandienstleistern Deutschlands. Im Raum Saar-Lor-Lux ist es die Nummer 1.
Die Taktiererin
Birgit Steils große Stärke ist ihre Disziplin und Strukturiertheit. Das Unternehmen auf zwei Standbeine zu stellen und dadurch in Krisenzeiten abzusichern, hatte für sie von Anfang an Priorität. Das sollte sich 2018 auszahlen, als der Bereich Windkraft zu schwächeln begann und Ausschreibungen aufgrund der unklaren Rechtslage ausblieben. „Wir konnten die Umsatzausfälle durch das regionale Geschäft kompensieren“, so Steil, die die Entwicklung aber auch vice versa erlebte. Denn als in der Corona-Zeit die Aufträge wegbrachen, lief die Windkraft wieder an, weil ausländischen Firmen die Einreise aufgrund des Infektionsschutzgesetzes untersagt war. »Da waren wir wieder am Start.«
Das Familienerbe
Dass sie wie ihr Vater noch mit 83 Jahren jeden Tag der Firma ihre Aufwartung macht, hält Birgit Steil für ausgeschlossen. »Ich mache das seit 33 Jahren und jeden Tag gerne«, sagt die selbstbewusste Frau, die auf die Pflege von Freundschaften großen Wert legt und sich neben der Arbeit ganz bewusst ihre Hobbys bewahrt hat. Auch für sie ist es wichtig, dass das Familienunternehmen fortgeschrieben wird. Ihre Söhne Daniel (34) und Christopher (28) sind seit 2022 als Geschäftsführer in der Verantwortung.

An ihre Eltern denkt Birgit Steil voller Bewunderung und Respekt zurück. Noch bis ins hohe Alter hatte ihr Vater seine Ideen mit Wachsmalstiften auf den Boden gemalt und maßstabsgetreu umgesetzt. Schon Anfang der 60er Jahre hatte er an den ersten Kranen so lange getüftelt, bis sie über die ausgezeichnete Belastbarkeit hinaus höhere Gewichte heben konnten. »Heute wird alles elektronisch geregelt«, erläutert Birgit Steil und verhehlt ihre Bewunderung für den Pioniergeist des Vaters und den Mut der Mutter nicht. »Sie war eine starke, selbstbewusste Frau«, erzählt sie schmunzelnd. Denn Mutter Anneliese hatte keinen Führerschein und konnte nicht einmal Fahrrad fahren – dafür aber Lkw.
Von Edith Billigmann
[…] rheinland-pfälzische Wirtschaftsministerium hat die Broschüre „Unternehmen Zukunft – Nachhaltigkeit im Mittelstand Rheinland-Pfalz“ […]